Von einem Gesetz zum anderen. Bibliotheksgesetze der vergangenen 50 Jahre
SIPOS Anna Magdolna
Neben der Analyse der Bibliotheksgesetze, die in den vergangenen 50 Jahren enstanden, wird ein detailiertes Bild über den gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Hintergrund der rechtlichen Regelung dieser Periode in der Studie dargeboten. Zuerst wird der Beschluß des Ministerrates Nr. 204-3/1952 über die Förderung des ungarischen Bibliothekswesens analysiert; das Gesetz leitete ein einheitliches Leitungs- und Aufsichtssystem ein, und entschied über die Gründung von Bezirks- und Kreisbibliotheken. (Nach sowjetischem Muster wurde das Bibliothekssystem zur Verwaltungsstruktur passend gestaltet.) Die nachfolgenden Verordnungen bestimmten auch Teilaufgaben, wie z.B. die Inventarisierung, die Normativen des Personals, usw. Die Bibliotheken dienten hauptsächlich der Tagespolitik, allerdings auf Kosten der Qualität der beruflichen Tätigkeit. Die zweite Regelung von großer Wichtigkeit entstand im Jahr 1956. Der positive Zug dieser Regelung bestand darin, daß sie im Interesse eines einheitlichen Bibliothekssystems über die Organisation von Bibliotheksnetzen entschied, und daß die allgemeine und fachliche Aufsicht dieser Netze vorsah. Mit dem Entstehen dieser Netze, die einander oft überdeckten, ist das System viel komplizierter geworden: es gab Schwierigkeiten aus der Tatsache, daß die etwa 18 000 Bibliotheken 20 verschiedenen Ministerien und Landesbehörden unterstanden. Es wurde die berufliche Tätigkeit stark unterstützt, aber es hatte die negative Folge, daß das Bibliothekssystem in hohem Maße zentralisiert war. 1976 wurde ein neues Bibliotheksgesetz verabschiedet, das zwei Jahre später von einer Verordnung ergänzt wurde, die über die Struktur und Tätigkeit des Systems entschied. Das bestimmende Element des Systems blieb weiterhin das Bibliotheksnetz. Es wurden regionale und fachliche Kooperationskreise ins Leben gerufen, mit dem Nachteil, daß
a) die Träger der Einrichtungen auch für die allgemeine und fachliche Aufsicht zuständig waren, und
b) daß es nicht exakt über die Pflicht der Finanzierung der Bibliotheken entschieden wurde.
Am Ende der 80er Jahre, nach der politischen Wende machten die veränderten Leseransprüche und die veränderten Tätigkeitsbereiche der Bibliotheken die Neugestaltung des Bibliotheksgesetzes notwendig. 1992 entstand ein Gesetzentwurf, aber daraus wurde kein Gesetz. 1995 war eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung einer neuen Konzeption gegründet, und im Dezember 1997 wurde das Gesetz über das kulturelle Erbe Nr. CXL verabschiedet, in dem sich auch die Regelung des Bibliothekswesens befindet. Es geht hier bloß um die öffentliche Literaturversorgung, wo die Frage der Versorgung von der Seite der Benutzer bestimmt wird. Die finanzielle Unterstützung der Bibliotheken wird mit dem Kriterium der Öffentlichkeit zusammengebunden. Es gibt Schwierigkeiten mit der Deutung des Begriffes "Öffentlichkeit", und die Regelung der Literaturversorgung durch wissenschaftliche und Spezialbibliotheken ist auch widerspruchsvoll.